ZB fragt … zu Mitgliederzahlen und Strategien nach der Bundestagswahl

Das Video

 

Das Transkript

Hallo und willkommen zur zweiten Folge von “Zukunft Bottrop fragt…” – diesmal zu Mitgliederzahlen der Parteien und Ableitungen aus dem Bundestagswahlergebnis für die Lokalpolitik.

Bei der Etablierung des neuen Formats haben wir noch mit ein paar Kinderkrankheiten zu kämpfen. Teilweise stimmen die Mailadressen der Parteien auf den Webseiten nicht. Teilweise existieren unterschiedliche Kontaktmöglichkeiten für die lokale Partei einerseits und für die Fraktion bzw. Ratsgruppe andererseits. Scheinbar werden auch nicht alle öffentlich angegebenen E-Mail-Adressen regelmäßig abgerufen. Manchmal müssen Antworten auf presse- und presseähnliche Anfragen scheinbar durch ein Gremium abgestimmt werden. Manchmal kann ein oder eine Sprecher:in autark antworten. Scheinbar benötigen auch manche Parteien etwas Gewöhnung an unsere Art, dass wir einfach mit einer Frage mit der Tür ins Haus fallen und innerhalb von etwa 14 Tagen eine Antwort erwarten. Eingangsbestätigungen sind für die meisten – naja – nicht gängig und wir haben für beide Episoden jeweils noch den einen oder anderen Reminder und weitere Kontaktaufnahmen auf alternativen Kanälen benötigt, um Antworten zu erhalten. Wie dem auch sei, dieses Mal haben wir von 6 der 8 Ratsparteien und Ratsgruppen eine bekommen.

Wir haben gefragt:

“Wie viele Mitglieder hat Ihre Partei in Bottrop aktuell und gab es eine relevante Änderung in den Mitgliederzahlen Ihrer Partei seit dem Bruch der Ampelregierung am 06.11.2024 auf Kreis- oder Ortsverbandsebene?
Und welche Schlüsse ziehen Sie für die Lokalpolitik und die Kommunalwahlen in Bottrop aus dem Bundestagswahlergebnis?“

Uns schienen die Fragen jetzt nicht überkomplex:

  1. Eine Mitgliederzahl,
  2. eventuell eine Veränderung bei den Mitgliederzahlen und
  3. Folgerungen aus der Bundestagswahl für die Bottroper Lokalpolitik.

Aber es fiel scheinbar nicht allen Parteien leicht, darauf griffige Antworten zu liefern. Hier in der Reihenfolge des Eingangs bei uns.

Die Linke antwortete auf die Frage nach der Mitgliederzahl, dass es ein “nie dagewesenes Wachstum gegeben” habe und die Partei im Kreisverband Bottrop von 31 Mitgliedern zum Zeitpunkt, als die Bundesregierung zerbrach, auf aktuell 70 Mitglieder angewachsen sei, die Mitgliederzahl sich also mehr als verdoppelt hat. Unter anderem aus dem “hervorragenden Wahlergebnis von 7% bei der Bundestagswahl im Bottrop” sehen sie sich grundsätzlich bestärkt und gehen davon aus, bei der Kommunalwahl in Fraktionsstärke in den Rat einzuziehen und vielleicht sogar gegen den SPD-Kandidaten in die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt zu kommen. “Den erfolgreichen Weg, den Menschen direkt vor Ort zuzuhören, bei ihren Problemen zu helfen, gleichzeitig eine stabile Oppositionsarbeit im Rat der Stadt zu leisten und ganz konkrete Vorschläge für strukturelle Änderungen zu machen”, wollen sie fortsetzen.

Die GRÜNEN berichten ebenfalls von deutlichen Zuwächsen “bundesweit von bis zu 1.000 am Tag”. Das gelte auch für Bottrop, wo phasenweise tägliche Neueintritte verzeichnet wurden. Momentan haben die Bottroper GRÜNEN 112 Mitglieder. Auch die GRÜNEN fühlen sich durch diese Entwicklung gestärkt und bieten deshalb den Mitgliedern neue Formate der Beteiligung an, um sich in die politische Arbeit vor Ort einzubringen. Neu geplant ist zum Beispiel das “Mitmach- und Mutmachformat ‘Grüner Salon’ zu aktuellen Themen wie ‘Mobilität für eine lebendige Stadt’ und ‘Schulentwicklung, die Kinder und Jugendliche auffängt und trägt’.” Dort erarbeitete Themen und Standpunkte könnten dann über die Ratsfraktion den Weg in konkrete Lokalpolitik finden.

Die Bottroper SPD hat keine Auswirkungen des Ampel-Bruchs auf die Mitgliederzahlen festgestellt. Die aktuelle Mitgliederzahl hat sie leider nicht mitgeteilt. Die SPD ist ja neben dem Bruch der Ampel noch in anderer Weise von der letzten Bundestagswahl betroffen: Das langjährige Mitglied des Bundestages, Michael Gerdes, trat nicht mehr für Bottrop, Gladbeck, Dorsten an, sein Nachfolger als Direktkandidat, Dustin Tix, hat das Direktmandat aber knapp nicht verteidigen können. Stattdessen zog Nicklas Kappe von der CDU für Bottrop, Gladbeck, Dorsten in den Bundestag ein. Bezüglich eventueller Ableitungen aus dem Bundestagswahlergebnis für die Lokalpolitik sagt die SPD: “Der Verlust des Direktmandates schmerzt sehr, wird aber auf die stark zugespitzte Debatte um die Person des Kanzlers [also: Olaf Scholz] zurückgeführt.” Gerade der Unterschied in Erst- und Zweitstimme zeige deutlich, dass die SPD nach wie vor tief in Bottrop verwurzelt und mehrheitsfähig sei.

Die Aussage ist ein wenig schräg, oder Ich verstehe sie vielleicht einfach nicht richtig. Aber das Erststimmenergebnis in Bottrop war ja besser als das der CDU. Das Direktmandat wurde nämlich nicht in Bottrop oder Gladbeck, sondern vor allem durch den CDU-Erfolg in Dorsten verloren. Für einen Sitz im Bundestag hat es aber insgesamt dann doch nicht gereicht. Beim Zweitstimmenergebnis, also der sogenannten “Parteienstimme”, war die SPD sowohl im Wahlkreis Bottrop, Gladbeck, Dorsten mit 23% : 29% als auch in der Stadt Bottrop mit 23% : 28% der CDU jeweils unterlegen. Den Schluss, dass Personen, wenn sie nicht Olaf Scholz, sondern z.B. Dustin Tix heißen, in Bottrop mit 30% : 29% knapp vor CDU-Kandidaten landen können, würde ich ja mittragen. Daraus vor dem Hintergrund des ausbaufähigen Zweitstimmen-Ergebnisses nun eine tiefe Verwurzelung und Mehrheitsfähigkeit abzuleiten, erscheint mir – nun ja – schon etwas gewagt. Konkretere Ableitungen für die Bottroper Lokalpolitik wurden leider nicht genannt.

Die ödp wurde im Vorfeld der Bundestagswahl ja auch besonders geschüttelt. Die Notwendigkeit, sogenannte Unterstützungsunterschriften beizubringen, gilt für alle Parteien und Kandidat:innen, die in der vorausgegangen Legislatur nicht in dem Gremium oder auf dem Posten vertreten waren, das bzw. der mit der Wahl neu besetzt wird. Die ödp hat zwar für den Wahlkreis Bottrop, Gladbeck, Dorsten ausreichend Unterschriften gesammelt und eingereicht, wurde aber auf Landesebene nicht zugelassen, da auf NRW-Ebene eben nicht genügend Unterschriften zusammenkamen. Nach Änderung des Wahlrechts ist, wenn die Landesliste nicht zugelassen ist, die betroffene Partei auch nicht auf den Wahlzetteln auf Wahlkreisebene vertreten. Die ödp gibt ihre Mitgliederzahl in Bottrop momentan mit 66 an. Zu einem Einfluss des Ampelbruchs auf Mitgliederzahlen äußert sich die ödp nicht.

Bezüglich lokalpolitischer Auswirkungen der Bundestagswahlergebnisse betont die ödp, ihr “wichtigstes Ziel, wieder als Fraktion in den Stadtrat zu kommen.” Dafür wollen sie “verlässlich eine Opposition mit Augenmaß in der politischen Mitte darstellen”. Sie möchten die Menschen ansprechen, die “nicht ‘die Großen’ wählen möchten, aber auch nicht rechts- oder linksaußen zu Hause sind.” Demokratie, Soziales und Ökologie seien für sie wichtige Themenfelder, wobei sie immer den Dialog mit den Menschen in unserer Stadt suchten, um zu erfahren, wo der Schuh gerade drücke. Diese sehr allgemeine Antwort scheint allerdings kein Resultat aus dem Bundestagswahlergebnis zu sein, sondern beschreibt eher grundsätzlich die Strategie und Positionen der Partei.

Die CDU antwortet auf die Frage nach Mitgliederzahlen und Auswirkungen des Endes der Koalition vage – eigentlich gar nicht: “Wir freuen uns über ein reges Interesse an der CDU und über neue Mitgliederzahlen.” Die Höhe der Mitgliederzahl wird nicht genannt. Auch die Frage nach Auswirkungen von Neuwahl und Regierungswechsel wird – naja – eher unkonkret beantwortet. “Wir sind gespannt und positiv gestimmt, wie die neue CDU-geführte Regierung die Ruhrgebietskommunen unterstützen wird und freuen uns auf neue Impulse für unsere kommunalpolitischen Aktivitäten aus Berlin.”

Joa, gerade bei der CDU hätte ich ein konkretes Herunterbrechen der Bundes-CDU-Themen Migration, Sicherheit, Wirtschaft usw. auf Bottroper Zusammenhänge erwartet. Vor dem Hintergrund des Bundestagswahlerfolges, des Direktmandates und der Bottroper Ergebnisse der CDU könnte man ja annehmen, dass diese Themen auch Bottroper Bürger:innen bewegen und diese von der Bottrop-CDU entsprechend bespielt würden.

Die FDP meldet einen Anstieg der Mitgliederzahlen seit der Bundestagswahl auf “etwas unter 100 insgesamt”. Nach dem Ampel-Aus ist der FDP der Wiedereinzug in den neuen Bundestag ja nicht gelungen. Daher wird es nach eigener Einschätzung “eine anstrengende Zeit bis zur Kommunalwahl”. Aber die Partei werde “die Zeit nutzen, um den Menschen in Bottrop zu erklären, warum es auch weiterhin eine FDP im Rat der Stadt und ebenso im Bund brauche”.

Von der DKP Bottrop und von der AfD Bottrop sind gar keine Antworten eingegangen.

Insgesamt waren diesmal schon ein paar Phrasen, Worthülsen und Allgemeinplätze der politischen Kommunikation dabei: “Politische Mitte”, “Anliegen der Bürger:innen ernst nehmen”, “neue Impulse” usw. Ich hätte erwartet, dass die Parteien gerade hier in dem eher informellen Format für die recht spitze Zielgruppe der lokalpolitisch interessierten Bottroper:innen ein bisschen konkreter werden. Das mag der Frage geschuldet sein – und eventuell müssen wir das Konzept auch noch ein bisschen nachschärfen.

Aber die Beantwortung der Frage nach den Mitgliederzahlen haben nur Linke, GRÜNE, ödp und FDP geschafft. Die Antwort auf lokalpolitische Auswirkungen der Bundestagswahl eigentlich sogar nur die Linke – mit Plänen zur Oberbürgermeisterwahl, zur stabilen Oppositions- und Vor-Ort-Arbeit, die GRÜNEN mit politischen Gruppen vor Ort und Einbindung der neuen Mitglieder, und außerdem in Ansätzen die FDP in Form der notwendigen Aufklärungsarbeit und des Neustarts, nachdem sie sowohl im Bund als auch im Wahlkreis und in Bottrop überall unter 5% gelandet ist.

Ich glaube, dass gerade solche Formate wie dieses hier eine Chance sein könnten, quasi auf “kurzem Dienstweg” mit Bottroper Bürger:innen zu kommunizieren, sich als nahbar und engagiert zu präsentieren und dem ewigen “Die da oben, keine Ahnung, was die den ganzen Tag machen!” und dem angestaubten Image von lokalpolitischer Parteiarbeit etwas entgegenzusetzen. Diese Chance haben diesmal nicht alle Parteien wahrgenommen. Die gute Nachricht: Es werden sicherlich weitere Fragen folgen. Dann gibt es eine neue Möglichkeit.

Unser Anschreiben und die Antworten der Parteien im Wortlaut findet ihr wie immer auf unserer Webseite.

Vielen Dank fürs Zusehen und bis zum nächsten Mal!

 

Die Originaltexte

Unsere Anfrage vom 05.03.2025:

Sehr geehrte Vertreter:innen der Bottroper Parteien,

die Bundestagswahl ist vorbei und die Ergebnisse stehen fest. Uns interessieren bzgl. der Auswirkungen des Bundestagswahlkampfs auf die Bottroper Ratsparteien für unser Format „Zukunft Bottrop fragt …“ zwei Dinge:

  1. Wie viele Mitglieder hat Ihre Partei in Bottrop aktuell und gab es eine relevante Änderung in den Mitgliederzahlen Ihrer Partei seit dem Bruch der Ampelregierung am 06.11.2024 auf Kreis- und/oder Ortsverbands-Ebene?
  2. Welche Schlüsse ziehen Sie für die Lokalpolitik und die Kommunalwahlen in Bottrop aus dem Wahlergebnis? Wir würden uns über eine kurze (max. 3 Sätze) Antwort freuen.

Da der Bundestagswahlkampf sicherlich anstrengend und aufwändig war, würden wir Antworten von Ihnen innerhalb von zwei Wochen (bitte bis zum 20.03.2025) berücksichtigen.
Wir behalten uns vor, Ihre Rückmeldungen zu prüfen und auf unseren Kanälen (Webseite, Social Media) zu veröffentlichen.

Vielen Dank für Ihre Meinung und Rückmeldungen,
Martin Smaxwil für Zukunft Bottrop

 

Die Antworten der Parteien:

Zu 1: Durch ein nie da gewesenes Wachstum sind wir im KV Bottrop auf derzeit 70 Mitglieder angewachsen. Zum Stichtag 6.11.2024 waren wir 31 Mitglieder.
(Der Kreisverband Bottrop umfasst das gesamte Stadtgebiet)

Zu 2: Wir fühlen uns durch das hervorragende Wahlergebnis von 7 % in Bottrop bei der Bundestagswahl bestärkt und gehen mit Zuversicht auf die Kommunalwahl zu.
Mit diesem Rückenwind wird es uns gelingen, in Fraktionsstärke in den Rat einzuziehen – mit mehr Sitzen als je zuvor – und vielleicht sogar in die Stichwahl gegen den SPD-Kandidaten um das Oberbürgermeisteramt zu kommen. Unseren erfolgreichen Weg, den Menschen direkt vor Ort zuzuhören, bei ihren Problem zu helfen, gleichzeitig eine stabile Oppositionsarbeit im Stadtrat zu leisten und ganz konkrete Vorschläge für strukturelle Änderungen zu machen, wollen wir fortsetzen.


Zu 1: Die Grüne Partei hat mit dem Ampelaus täglich deutschlandweit 1000 neue Mitglieder dazugewonnen. Am Wochenende des Parteitages, der 2,5 Tage dauerte und Robert Habeck als Kanzlerkandidat hervorging, Betrug der Zuwachs genau 2500 Mitglieder. Dies haben wir auch in Bottrop erlebt. Täglich kam anfangs im Schnitt ein Mitglied dazu. Wie haben aktuell 112 Mitglieder mit bleibendem Zuwachs. Keine Austritte.

Zu 2: Diese Entwicklung bestärkt den Vorstand. Wir bieten deshalb den Mitgliedern neue Formate der Beteiligung an. Und zwar sehr unterschiedliche: von der Pottcast-Gruppe bis zur Strickgruppe mit politischem Gespräch. Demnächst startet die Partei mit der Fraktion das Mitmach und Mutmach-Format „Grüner Salon“ zu aktuellen Themen. Der Start sind zur Mobilität für eine lebendige Stadt und Schulentwicklung, die Kinder und Jugendliche auffängt und trägt.


Zu 1: Nein, Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Mitgliederzahlen hatte die Entscheidungen nicht.

Zu 2: Der Verlust des Direktmandats schmerzt uns sehr. Wir führen das auf die in Teilen stark zugespitzte Debatte um die Person unseres Kanzlers zurück. Gerade der Unterschied in Erst- und Zweitstimme zeigt deutlich, dass die SPD nach wie vor tief in Bottrop verwurzelt und mehrheitsfähig ist. 


Zu 1: Mitglieder 66

Zu 2: Unser wichtigstes Ziel ist es, wieder als Fraktion in den Stadtrat zu kommen. Wir punkten damit, dass wir verlässlich eine Opposition mit Augenmaß in der politischen Mitte darstellen, und sprechen daher genau die Menschen an, die nicht die Großen wählen möchten, aber auch nicht rechts oder links außen zuhause sind. Demokratie, Soziales und Ökologie sind für uns wichtige Themenfelder, wobei wir immer den Dialog mit den Menschen in unserer Stadt suchen, um zu erfahren, wo der Schuh gerade drückt.


Zu 1: Wir freuen uns über ein reges Interesse an der CDU und über neue Mitgliederzahlen.

Zu 2: Wir sind gespannt und positiv gestimmt, wie die neue CDU geführte Regierung die Ruhrgebietskommunen unterstützen wird und freuen uns auf neue Impulse für unsere kommunalpolitische Aktivitäten aus Berlin.


Zu 1: Wir haben derzeit etwas unter 100 Mitglieder in Bottrop. Seit der Bundestagswahl ist unsere Mitgliederzahl in Bottrop gestiegen.

Zu 2: Es wird eine anstrengende Zeit für uns bis zur Kommunalwahl sein, aber wir werden die Zeit nutzen, um den Menschen in Bottrop zu erklären, warum es auch weiterhin eine FDP im Rat der Stadt, und ebenso im Bund, braucht.


Weitere Infos & Quellen

 

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